Pfarrkolumne

Licht wer­den

In der Pfarr­ko­lumne vom Dezem­ber macht sich Clau­dia Buhl­mann auf die Suche nach dem Licht.

«Ein Weg ohne Licht ist lang, ein Tag ohne Licht ist noch weit länger.» Dies schrieb der Autor Norbert Stern in seinem 1961 im Selbstverlag erschienenen Buch «Wer bist du, Mensch?» (1961).

Norbert Stern war blind. Eine Verletzung im ersten Weltkrieg, hatte dem am 3. April 1881 als Juden geborenen Nathan Stern, das Augenlicht genommen. Mit 35 Jahren liess sich er sich taufen und nannte sich Norbert. Bis zur Verfolgung und Internierung im KZ Theresienstadt durch die Nationalsozialisten arbeitete Norbert Stern als Techniker, Modefachmann, Journalist und Schriftsteller, auch immer wieder in der Schweiz. Bekannt wurde er einer christlichen Leserschaft durch sein Buch «Fürchte nicht! Wege zur geistigen Überwindung von Furcht und Feindschaft.» (1924), das damals in vielen christlichen Zeitschriften gelobt und empfohlen wurde.

Als Blinder war Stern die Dunkelheit ein halbes Leben lang vertraut. Als Mensch, der verfolgt, entrechtet und gedemütigt wurde, kannte er auch die Finsternis der menschlichen Seele, die Finsternis eines mörderischen Systems. Momentan gehen wir durch die «dunkle Zeit». Bis zur Sonnenwende am 21. Dezember werden unsere Tage kürzer, das Licht geht. Für manche Menschen keine leichte Zeit im Jahreslauf. Und nun hat sich mit all den Konflikten, den Kriegen in Europa, im Nahen Osten und weltweit, über unsere schöne Erde noch eine andere Finsternis gelegt. Wird sie weichen, so wie wir es in der Sonnwendnacht erleben?

Norbert Stern hat Schreckliches erlebt. Auch nach 1945 war sein Leben, der wie viele Überlebende des Holocaust, weiter um sein Recht kämpfen musste, nicht einfach. Seiner inneren Spur, seinem Lebensmotto, den Weg vom Dunkel ins Licht zu gehen, ist er treu geblieben.

«Vom Dunkel ins Licht» so könnte man das Motto des Christseins überschreiben. Ob wir die Geburt Christi feiern unter dem leuchtenden Stern, ob wir mit Kerzen den Ostermorgen begrüssen – immer führt der Weg aus der Dunkelheit hinaus. In der Welt herrscht viel Unordnung, viel Zerrissenheit. Viele Menschen leiden. Viele Menschen sind in Sorge und Angst.

«Fürchte nicht!» schrieb Norbert Stern, «Fürchtet euch nicht!» sagen die Engel zu den Hirten.  Es ist die Erinnerung daran, dass auf die Nacht der Tag folgen wird, dass die Dunkelheit nicht ewig bleiben wird. Daran denkend, darauf hoffend und vertrauend, wird es in mir heller und hell.

«Machen wir uns auf und werden Licht». Mitfühlend und Frieden suchend grüsst Sie Pfarrerin Claudia Buhlmann.